Frühjahr 2022: Moldawien im Schatten des Krieges

Resümee: Ein Land im Schatten des Krieges

Als ich am 30.4. unterwegs war, wollte ich ein Bild von der Landschaft unterwegs machen, und habe erst im zweiten Blick gesehen, dass es im Horizont Richtung Transnistrien und Ukraine irgendwo qualmt. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, aber ich habe nichts gelesen und gehört, ob und was da gewesen sein könnte. Vielleicht hatte nur ein Bauer etwas verbrannt, oder es war ein Waldbrand oder was auch immer, oder ??

So ist die Stimmung Ende April bis Anfang Mai in Moldawien: Es rumort überall, aber niemand weiß etwas Genaues. Da gibt es Gerüchte, dass russische Paramilitärs in Transnistrien landen und von da aus Moldawien erobern wollen. Da hört man, dass die zum größten Teil Russland-freundliche Minderheit der Gagausen bewaffnet wird, um sich mit Transnistrien zu vereinigen und einen Bürgerkrieg auslösen wollen.

Die Menschen haben zunehmend Angst – es ist nicht mehr so entspannt wie noch Ende März! Ich wurde angesprochen, ob ich Wohnraum habe, wo Menschen hin fliehen können, man will seine Familien in Sicherheit bringen für den Fall, dass … – worüber man nur vermuten und spekulieren kann!

Umso wichtiger war es mir, in der Zeit die Menschen in Moldawien zu unterstützen mit dem Hilfsgütertransport und der damit verbundenen Osterpäckchen-Aktion, die ein voller Erfolg gewesen ist!

Die Osterpäckchen erreichten Kinder armer Menschen in Moldawien, hauptsächlich an der Grenze zu Transnistrien, sogar nach Transnistrien rein sowie in Gagausien, und einige haben sich auf den Weg nach Odessa gemacht! Es ist mehr, als ich mir vorstellen konnte! Mit dieser Aktion wollte ich Impulse setzen, auf Jesus Christus hinweisen, der für unsere Sünden ans Kreuz ging und durch seine Auferstehung den Tod besiegt hat!

Ich wünsche mir, dass die Osterpäckchen für die Familien Hoffnung, Freude und Trost in der schweren, unsicheren Zeit bewirken und einen Gegenpol setzt zur Absurdität des Krieges!

Ich habe das Resümee meiner Reisen an den Anfang gesetzt. Ich gehe mit einem dankbaren, aber auch sorgenvollen und nachdenklichen Herzen nach Hause! Doch bei aller Sorge weiß ich meine lieben moldawischen . und auch neu gewonnenen ukrainischen und gagausischen Freunde in Gottes Hand!

Der Rest des Blogs ist chronologisch aus der Sicht des Tages, an dem ich ihm geschrieben habe. Wenn ich im März geschrieben habe, dass das „alles halb so wild war“, dann war das aus der damaligen zeitlichen Perspektive. Möglicherweise – und ich hoffe sehr – erweisen sich auch die aktuellen Sorgen als unbegründet, und doch sind die dunklen Wolken am Horizont unübersehbar. 

Dienstag, der 3. Mai 2022

Samstag, den 19.03.2022: Mein erster neuer Geburtstag

Es gibt für mich ein Leben vor dem 19. März und eines danach – damit meine ich den 19. März 2021! Meine Covid-Erkrankung und wundersame Genesung jährt sich zum ersten Mal – und schon wieder eine neue Situation, eine Herausforderung: Eine Reise in den Schatten des Krieges zwischen Russland und der Ukraine, die Front kaum 100 km von der moldawischen Grenze entfernt!

Ich hatte diese Reise schon längst vor dem Krieg geplant und gebucht, doch nun bekommt die Reise einen neuen Schwerpunkt: Anstatt eine Gruppenreise vorzubereiten, fahre ich nun dorthin, um meinen Freunden beizustehen in ihrer Not, um mir selbst ein Bild der Lage vor Ort zu verschaffen und einen Hilfstransport zu organisieren, um mit Sachspenden und Osterpäckchen für Kinder Hoffnung, Trost und Freude zu vermitteln.

Warum fahre ich jetzt überhaupt nach Moldawien? Ist es nicht gefährlich? Ich bin weder lebensmüde noch abenteuerlustig, doch die Antwort auf diese Frage steht in folgendem Bibelvers:

Am 18. März hörte ich am Abend ein Teil der Rede vom russischen Präsidenten: Wladimir Putin, der u.a. folgenden Bibelvers zitierte:

„Es gibt keine größere Liebe, als wenn jemand seine Seele für seine Freunde gibt“

Dieser Vers steht im Johannesevangelium Kapitel 15 Vers 13 und entsprach meiner Erfahrung von vor einem Jahr, was in 1. Johannes 3,16 steht:

„Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben.“

Putin rechtfertigt damit den Krieg, das sinnlose Töten, die Zerstörung von Häusern von wehrlosen Menschen für ein höheres Ziel. Menschen sind fähig, die schlimmsten Dinge zu tun, wenn sie der Meinung sind, dabei für eine gute, heilige Sache zu kämpfen! Mit dieser Motivation kämpften die Wehrmachtssoldaten für „die Sache Deutschlands“ und legten Europa und Schutt und Asche und mordeten unschuldige Menschen!

Ich erlebte diesen Vers anders:

Eine Ärztin hat in ihrer Freizeit mein Leben gerettet! Sie setzte sich dem Risiko aus, sich selbst mit dieser schweren Krankheit zu infizieren und kam, um mir Medikamente zu bringen und zu pflegen. Es sind moldawische Freunde, die zu meinem Osterwunder 2021 beigetragen haben! 

Nun lebe ich und bin wieder gesund, Covid hat bei mir keine bleibenden Spuren hinterlassen, außer dass ich bewusster lebe, und mir viel stärker bewusst bin, dass mein Leben reine Gnade ist – die Gnade Gottes!

An Ostern gab Gott seinen Sohn Jesus Christus hin, der am Kreuz für unsere Sünden starb, doch zwei Tage später ist er auferstanden! Inmitten der Hoffnungslosigkeit hat er den Tod besiegt und ist auferstanden!

Mit diesem Gruß grüßen sich die Menschen an Ostern: „Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!“

So habe ich die Osterpäckchen-Aktion gestartet, die ab Montag, den 28.3. läuft, sobald ich von dieser Reise wieder zurück bin. Ich plane nach der Aktion eine weitere Reise ab dem 27.4.2022, um die Spenden zu übergeben und zu verteilen.

Sonntag, den 20.03.2022: Überraschung in Iasi

Blick auf die verschneiten rumänsischen Karparten vom Flugzeug

Der Flughafen in Chisinau ist immer noch geschlossen! Demnach konnte ich nicht direkt nach Chisinau fliegen, sondern musste einen Flug nach Iasi buchen: Eine größere Stadt in Rumänien nahe der Grenze in Moldawien, wo ich bei Verwandten meiner Frau untergekommen bin.

Die Reise war etwas länger, teurer und beschwerlicher. Ich leihe mir privat ein Auto, brauche aber ein notarielles Dokument, dass ich damit nach Moldawien fahren kann. Der Notar hat aber erst morgen geöffnet.

Maskenfrei einkaufen - nach zwei Jahren!

Selbstverständlich war ich neugierig, wie die Menschen hier mit der Bedrohung aus Russland umgehen. Erwartet habe ich eine viel größere Panik und Sorge als bei uns, aber der aktuell schleppende Fortschritt der Militäroperation hat die Menschen hier nach anfänglicher Panik schnell wieder beruhigt, sodass gar die Benzinpreise nach einem kurzen Peak sich fast wieder auf „Vorkriegsniveau“ eingependelt haben – 2 Euro zahlt man für den Liter Sprit hier nicht!

Die rumänische Gelassenheit zeigte sich auch an den Regalen beim Lidl, die u.a. voll von Sonnenblumenöl waren, auch Nudeln und Mehl wird reichlich angeboten Zu Hause habe ich letzte Woche weder bei Aldi noch bei Rewe Sonnenblumenöl gefunden, 

Nach Odessa sind es von hier aus auch nur noch 325 km! 

Von früheren Jahren kannte ich, dass man viele Güter nach Rumänien gebracht hat, nun sehe ich volle Regale mit Ware mit durchaus akzeptablen Preisen, was ich dann auch entsprechend ausgenutzt habe, um noch Ware morgen nach Moldawien mitzunehmen. 

Rumänische Leichtigkeit oder Leichtsinn? German „Angst“? 

Überraschend auch, dass hier niemand mehr Masken auf hat, auch in den Geschäften nicht, nach fast zwei Jahren ein sonderbares Gefühl, ohne Maske einzukaufen! Ich musste auch niemandem mehr meinen Impfausweis zeigen. Ob das nun gut ist oder schlecht, kann und will ich an dieser Stelle nicht beurteilen!

Montag, den 21.03.2022: Angekommen!

Heute musste ich zunächst beim Notar beglaubigen lassen, dass ich die Vollmacht bekomme, das Auto von den Verwandten aus Rumänien führen zu dürfen. Das hat etwas gedauert! Deshalb war ich erst am Nachmittag in Chisinau angekommen.

Auffällig waren die Fahnen auf Halbmast an der ein oder anderen LUKOIL-Tankstelle, eine russische Kette, die sich jedoch gegen den Krieg stellt. Auch stellte ich fest, dass bei Weitem nicht alle Russischsprachigen hier für den Krieg sind, wohl auch in Transnistrien nicht.

LUK OIL Tankstelle mit Fahnen auf Halbmast
Durlesti am Abend

Da das Gästehaus, in dem ich im Januar war, mit ukrainischen Flüchtlingen gefüllt ist, wohne ich im Gästehaus von Hoffnungsträger Ost, wo ich vor genau einem Jahr meine Quarantäne verbracht habe!

Es ist schon ein erhabenes und dankbares Gefühl, wieder an dem Ort zu sein, wo Gott mir mein Leben wieder gegeben hat. Ich konnte die Treppen nicht oft genug laufen, die mir als Gesunder keine Herausforderungen mehr sind. 

Dienstag, den 22.03.2022: Netzwerke knüpfen und festigen

Über Mittag traf ich die Familie meines Patenkindes im Zentrum der Hauptstadt und danach mit einigen Freunden und NGOs, um mir ein Bild über die Lage zu verschaffen. Hiervon gibt es selbstverständlich keine Bilder!

Ich konnte aber bereits erste Schritte einleiten, um:

  1. In Moldawien lebende Flüchtlinge, die nach Deutschland gehen wollen, zu identifizieren
  2. Eine NGO zu finden, die diese Flüchtlinge nach Deutschland transportiert
    https://beanangel.direct/
  3. In Deutschland allgemein, aber auch in Groß-Umstadt konkret Wohnraum und Unterstützung zu finden, wo die Flüchtlinge unterkommen können
    https://www.umstadthilft.de/
    (andere Kommunen haben vergleichbare Initiativen, fragt vor Ort nach!)

 

Andy's: Eine verbreitete moldawische Systemgatronomie
Wegweiser zu den Schwesterstädten

Wie wird der Krieg in der Ukraine wahrgenommen?

.Moldawien wirkt auf mich so wie es schon immer gewirkt hat! Außer den LUKOIL-Tankstellen mit den Fahnen auf Halbmast und da und dort eine wehende ukrainische Flagge nehme ich vom Krieg kaum wahr, außer dass auch hier die Preise für Grundnahrungsmittel und Benzin arg gestiegen sind.

200 km sind auch nicht viel näher als 2000 km. Ich sprach mit verschiedenen Leuten, die sich unabhängig der Ethnie doch allgemein en Krieg verurteilen, auch die Russen im Land, auch in Transnistrien warten die Leute nicht auf die russische Armee, sondern man hat sich mit dem eingefrorenen Konflikt gut eingerichtet. An den Grenzen zu Transnistrien hat sich nichts geändert, man kann einreisen wie eh und je. 

Im Allgemeinen rechnet niemand wirklich mit einem russischen Angriff auf Moldawien, von der erwarteten Angst sowie Wunsch zur Flucht nahm ich kaum etwas wahr. Bedenken mir gegenüber, dass eine Reise nach Moldawien gefährlich sei, werden vor Ort von den Einheimischen nicht bestätigt. Anfang des Krieges dachte der ein oder andere an Flucht, aber derzeit aktuell kaum jemand – das Leben hat sich – von den hohen Preisen abgesehen, die den Moldawiern viel mehr schmerzen als uns, abgesehen.

Was braucht man in Moldawien?

Geht man in den Supermarkt, dann sind die Regale ähnlich gut bestückt als bei uns, aber es sind wenige Menschen in den Läden, was nicht zuletzt an den Preisen liegt, denn umgerechnet auf die Kaufkraft bezogen entspricht der Moldawische Lei in etwa einem Euro. Um ein wirklich „moldawisches“ Einkaufsgefühl zu bekommen, lohnt es sich, sich vorzustellen, diese Preise in Euro bei uns zahlen zu müssen:

  • 750g Nudeln: 22,95
  • 1l Sonnenblumenöl: 38,50
  • 1 kg Mehl: 15,80
  • 1 Gemüsekonserve: 18,60
  • 1 Liter Benzin; 27,52

Wer könnte bei uns für eine Tankfüllung schon gut 1000€ hinlegen? Bei diesen Preisen sind dennoch viele bereit, privat noch Flüchtlinge aufzunehmen und das Wenige zu teilen, was man hat.

Mittwoch, den 23.03.2022: Unterwegs zu Ukrainischen Flüchtlingen

Links in der Mitte: Präsident Anatoli Ichim des Rajons Cantemir

Am Nachmittag bin ich nach Cantemir gefahren, wo ich vom Bürgermeister der Stadt sowie dem Präsidenten des Rajons (vergleichbar mit Regierungsbezirk eines Bundeslandes) und anderen Politikern zu einem Empfang eingeladen wurde. Ich war dort der Repräsentant der Gruppe, die vor drei Wochen Hilfsgüter von Mühltal nach Cantemir geschickt hat. Alle haben sich bei den Spendern herzlich bedankt für die Unterstützung, die sie erhalten haben.

Wir haben anschließend zwei Familien in Stoianov, einem Dorf bei Cantemir besucht, die alle aus Odessa gekommen sind. Dort wurden einige Hilfsgüter persönlich übergeben. Sie sind recht bald nach Kriegsbeginn nach Moldawien geflohen und wurden dort herzlich aufgenommen und fühlen sich dort wohl.

Warum ziehen sie nicht weiter nach Deutschland? Sowohl die Ukrainer als auch die Einheimischen gehen nicht davon aus, dass Moldawien angegriffen wird, und fühlen sich dort sicher. Außerdem entspricht es nicht der moldawischen Mentalität, seine Gäste wegzuschicken. Ebenso muss man bedenken, dass viele Flüchtlinge nahe Angehörige noch in der Ukraine haben, und sie sich von ihnen nicht so weit entfernen wollen. Ich habe deshalb sie gezielt nach Deutschland eingeladen.

Übergabe von Hilfsgütern an eine Flüchtlingsfamilie
Schlafsaal für Flüchtlinge

Anschließend besuchte ich ein Flüchtlingslager in Ceadir Lunga, welches im Gagausengebiet liegt. Die Gagausen sind ein Turkvolk, eine Minderheit in Moldawien und Ukraine, die eher russischsprachig sind. Das Flüchtlingslager ist in einer Baptistenkirche und soll künftig Platz für 200 Flüchtlinge als Erstaufnahme-Lager bieten. Die Flüchtlinge werden von dort über Rumänien weiter nach Deutschland gebracht.

Donnerstag, den 24.03.2022: "Grenzerfahrung" in Palanca

Heute früh war ich erst einmal einkaufen, um für 75€ aus den Barspenden Süßigkeiten und Kekse zu kaufen

Süßigkeiten von Linella, einer moldawischen Lebensmittelkette
Grenzübergang Palanca

Nach einer gut zweistündigen Fahrt kam ich am Grenzübergang ganz im Südosten Moldawiens an: Palanca

… wo viele Flüchtlinge darauf warten, dass sie jemand abholt und weiter bringt.

Einige einheimische Volontäre sowie einige aus Israel unterstützen die Flüchtlinge, die Israelis leisten medizinische Hilfe, die dringend notwendig ist!

Eli, einer der israelischen Volontäre wundert sich, warum andere Ausländer nur zum Fotografieren kommen, aber niemand Ärtzeteams für medizinische Sofortmaßnahmen schickt

Flüchtlinge warten darauf, abgeholt zu werden
Übergabe der Einkäufe

Die Einkäufe wurden einem einheimischen Volontär übergeben, der sie in die nahegelegene Zeltstadt bringt.

Ich nahm drei Flüchtlinge nach Chisinau mit zurück: 

Die beiden jungen Männer sowie eine ältere Frau. Es wurde schon für eine Zieladresse gesorgt, wo ich die Flüchtlinge hinbringen konnte.

Einer sprach englisch, der mir seine Situation und Trauer schilderte: Er hatte eine Wohnung in Kiew gemietet, se renoviert und sich auf den Frühling gefreut, dann kam der Krieg! 

 

Ukrainische Flüchtlinge
Ziel war ein Hotel, wo die Flüchtlinge aufgenommen wurden

Zurück in Chisinau übergab ich sie einem anderen Volontär, der sie weiter betreut hat.

Sie haben vor, nach Deutschland weiterzureisen.

Freitag, den 25.03.2022: Dorotcaia an der Grenze zu Transnistrien

Heute Nachmittag ging die Fahrt nach Dorotcaia, wo ich mich mit dem Pastor der Pfingstkirche als auch mit den Leitern der Kunstschule getroffen habe.

Dorotcaia liegt an der Grenze zu Transnistrien, einem Separatistengebiet, das sich vor 30 Jahren von Moldawien unabhängig erklärt hat.

Am Eingang des Dorfes: Dorotcaia
Blick auf Dorotcaia, rechts davon ist Transnistrien

Es gibt vier Dörfer, die auf der östlichen Seite des Nistrus noch unter moldawischer Verwaltung sind, weil die Waffenstillstandslinie nicht überall der Verlauf des Flusses ist.

Auf der Fahrt dahin kommt man an der Brücke über dem Nistru an russischen Soldaten vorbei, die jedoch sehr passiv waren. Dort steht auch ein Panzer, den sie aber im Gegensatz zu meinem letzten Besuch abgedeckt hatten.

Abseits der Dörfer kommt man nach Transnistrien über die grüne Grenze ohne Kontrollen, sodass man eigentlich gar nicht so genau weiß, wo die Grenze eigentlich ist.

Vor genau 30 Jahren war hier der Bürgerkrieg, an dem sich noch viele Menschen erinnern, und an dem die Menschen keine gute Erinnerungen haben.

Erinnerungen an den Bürgerkrieg vor 30 Jahren
Museumsdirektor Andrei erzählt seine Erlebnisse des Krieges, links Übersetzerin Ana

Mit verschiedenen Leuten aus dem Dorf habe ich gesprochen und nach ihrer Einschätzung der Situation gefragt:

Ich war sehr überrascht von ihnen zu hören, dass die Grenzen nach Transnistrien offen sind, und die Spannungen eher ab- als zunehmen. Es gibt weiterhin Beziehungen nach Transnistrien – und keinerlei Tendenzen, dass man sich auf einen Angriff auf Moldawien vorbereitet.

Es gibt Nachrichten über Bombenalarm, wo angeblich rumänische Faschisten Bomben in Schulen in Transnistrien gelegt wurden, die man nicht gefunden hat.

Wahrscheinlich wird ein Anlass zum Krieg gesucht, aber niemand auf beiden Seiten des Nistrus will diesen Krieg! Selbst die (passiven) russischen Soldaten der Friedenstruppe sind eigentlich ganz zufrieden da wo sie sind, und dass sie nicht in irgendwelche Kämpfe einbezogen sind,

Die Pfingstkirche am Ort unterstützt arme Menschen in mehreren Dörfern, die teilweise in Transnistrien und teilweise unter moldawischer Verwaltung sind, auch die Gemeinde besteht aus Gliedern beider Regionen.

Ich hoffe, dieses Projekt in einem Monat mit Hilfsgütern unterstützen zu können.

Pastor Nicolae Dodu und seine Frau Viorica

Samstag, den 26.03.2022: Treffen mit den "Engeln" und Abreise

Flüchtlinge steigen in den Bus ein

Meine Zeit in Moldawien geht leider wieder zu Ende, und es heißt: Abreisen nach Rumänien! Mein Flug geht zwar erst am Sonntag, aber ich wollte nicht riskieren, den Flug zu verpassen, weil ich vielleicht zu lange an der Grenze stehen muss.

So bin ich zunächst nachdem ich das Gästehaus verlassen habe, an die Stelle gefahren, wo die NGO: „Be an angel“ einen Bus organisiert hat, der Flüchtlinge nach Wolfsburg bringt. 

Die Organisation: „Be an Angel“ setzt sich seit einigen Jahren für Flüchtlinge aus aller Welt ein und organisiert derzeit Busse, um Flüchtlinge im größeren Stil von Moldawien nach Deutschland zu bringen, wo sie besser versorgt werden können.

Doch zeigt sich auch heute, dass die Flüchtlinge bei Weitem nicht mit wehenden Fahnen nach Deutschland wollen, sondern lieber in der Nähe ihrer Heimat bleiben oder gar zurückkehren. 

Bus ist abfahrbereit
Rechts Hermann und Andreas von "be an angel" unterstützt von lokalen Hilfswerken

Die Transporte werden so organisiert, dass von lokalen Organisationen vermittelte Flüchtlinge gesammelt und an eine zentrale Adresse gebracht werden. Von dort aus werden die Flüchtlinge an einen festgelegten Ort in Deutschland gebracht, wo für sie Unterkunft von lokalen Hilfsorganisationen vermittelt wird.

Wie geht es weiter?

Traditionelle moldawische Spezialität: Schweinefleisch mit Knoblauch, Mamaliga (Polenta), Ei und Weißkäse

Danach hieß es Abschied nehmen von Moldawien und die Heimreise anzutreten – noch einmal zum Schluss mit dieser moldawischen Spezialität!

Zu Hause beginnt die Osterpaketaktion, aber auch der Empfang von 30 Flüchtlingen, die am Dienstag, den 29.03.2022 nach Groß-Umstadt geschickt werden. In dieser Woche hatte ich einige Flüchtlinge nach Groß-Umstadt eingeladen, von denen einige von der Einladung Gebrauch gemacht haben, Die Flüchtlinge werden dann gegen Ende der Woche ankommen.

Von den Projekten werde ich nicht auf dieser Seite berichten, sondern unter: Projekte

Dieser Blog wird bei der nächsten Reise Ende April fortgesetzt, wenn die gesammelten Hilfsgüter und Osterpakete in Moldawien übergeben werden.

 

Zwischen den beiden Reisen sammelte ich Hilfsgüter sowie die Osterpakete.

An dieser Stelle möchte ich nur von den Reisen berichten.

Mittwoch, den 27.04.2022: Ankunft in Chisinau

Parlamentsgebäude der Republik Moldau

Diese Reise habe ich zu dem Termin angetreten, den mir Air Moldova im März vorgeschlagen hat als der Flughafen noch zu war. Am frühen Nachmittag sind wir in Chisinau angekommen …

Wir – d.h. mein ukrainischer Freund aus Kleestadt, der mit seiner Familie dorthin von mir eingeladen wurde, flog mit mir wieder zurück, um einige Dinge in seinem Heimatdorf zu regeln.

Wir trafen uns im Zentrum in einem Restaurant mit seinen Freunden und haben uns dort voneinander getrennt.

Kolea und seine Freunde, links Übersetzerin Ana
Familie Goryachina aus Luhansk

Schließlich bin ich wieder in Durlesti in „meinem“ Quarantänehaus angekommen, wo ich aber nicht alleine lebe: 

Mit mir leben einige ukrainische Flüchtlinge, diese Familie kommt aus Lugansk und wartet darauf, die Einreiseeraubnis in die USA zu bekommen.

Das Visum war schon fertig, doch dann wurde jemand aus der Familie Covid-positiv getestet, und nachdem die Quarantänezeit vorbei war, kam der Krieg

Donnerstag, den 28.04.2022: Ankunft der Hilfsgüter

Heute ist der LKW nach der Erledigung der letzten Zollformalitäten in Durlesti angekommen! Alle Hilfsgüter, die ich selbst am letzten Samstag geladen hatte, waren an dem erwarteten Ort.

Ankunft des LKWs in Durlesti
Abladen der Osterpäckchen

Auch die Osterpäckchen haben ihr Ziel erreicht und wurden abgeladen, was an einem verregneten Tag doch eine rechte Herausforderung war, damit sie trocken bleiben

Ukrainischer Borschtsch

Ab Abend durfte ich die ukrainische Gastfreundschaft genießen, denn im Gegensatz zu meinen letzten Besuchen bin ich hier nicht allein, sondern teile mein Quartier mit zwei Familien.

Sie haben mich warmherzig aufgenommen – und ich muss aufpassen, hier nicht allzu sehr zuzunehmen 😉

Freitag, den 29.04.2022: Weitere Grenzerfahrungen

Teodor, der orthodoxe Priester erzählt mir von der wechselhaften Geschichte dieser Region

Heute führte mich die Reise nach Dubasari Vechi, ein Ort auf der moldawischen Seite des Nistrus, am anderen Ufer liegt Transnistrien.

Hier haben schon Deutsche, Rumänen und Sowjets im Zweiten Weltkrieg sieben Tage miteinander gekämpft, da waren die Deutschen und drüben die Sowjets.

Nicht weit entfernt liegt das größte Munitionslager Europas! Würde dieses explodieren, hätte nach Aussage des Priesters dies eine Sprengkraft von 10 Hiroshima-Bomben!

Ortseinfahrt Dubasari Vechi
Orthodoxe Kirche in Dubasari Vechi

Auf dem Turm der Kirche haben die Soldaten während dem zweiten Weltkrieg Stellung bezogen. Auch im Bürgerkrieg vor 30 Jahren war dieses Dorf umkämpft.

Niemand hier will diesen Krieg, den man wohl von außen aufzwingen möchte!

Hier leben auch einige ukrainische Flüchtlinge, um die sich der orthodoxe Priester zusammen mit dem Bürgermeister der Stadt kümmert.

Für die Kinder haben wir Osterpäckchen gebracht, die wir an zwei Familien persönlich übergeben haben.

Das Mädchen freut sich riesig über die bunte handgenähte Kinderdecke

Diese beiden Kinder sind aus Odessa vor den Raketenangriffen geflohen. Mir wurde erzählt, dass die Kinder immer noch traumatisiert sind, wenn sie Sirenen oder ähnliche Geräusche hören. 

Mit einem Osterpäckchen und der Kinderdecke der Nähaktion: Minidecki konnten wir den Kindern eine große Freude bereiten

Diese Familie kommt aus der Donbass-Region und mussten ihren Ehemann und Vater zurücklassen, der die Ukraine nicht verlassen durfte. Sie stehen aber immer wieder mit ihm in Kontakt, er ist aber derzeit in einem verhältnismäßig sicheren Ort.

Samstag, den 30.04.2022: Verteilung in Stefan Voda und Palanca

Heute ging es in den Südosten, wo ich in einem kleinen Kinderheim in Stefan Voda Osterpäckchen verteilt habe. Danach habe ich von dem Erlös des Basars der Grundschule in Groß-Umstadt Heubach Lebensmittel und Hygieneartikel gekauft, die ich anschließend an die ukrainische Grenze nach Palanca gefahren habe

15 Osterpäckchen für das Kinderheim

In dem von den Baptisten geleiteten Waisenheim leben etwa 15 Kinder sowie einige ukrainische Flüchtlingsfamilien aus der Gegend von Odessa

Nach einer kleinen Osterandacht, bei der ich auch meinem persönlichen Ostererlebnis berichtete, wurden die Päckchen verteilt,

Zwar ist Weihnachten als Fest viel populärer, doch das Osterfest ist viel wichtiger, denn hier geht es um den Herrn Jesus, der am Kreuz für unsere Sünden gestorben und dann auferstanden ist.

Von dem Erlös des Basars konnten viele Hygieneartikel gekauft werden

Anschließend wurde der Erlös aus dem Basar der Grundschule in Heubach in Hygieneartikel umgesetzt nach einer Einkauflsite, die mir die ukrainischen Flüchtlinge im Gästehaus empfohlen haben: Seife, Shampoo, Toilettenpapier, Deodorant, Socken und Zahnputzzeug. Weitere Hilfsgüter wurden im Supermarkt besorgt oder kamen aus Deutschland,

Die Hilfsgüter wurden von ehrenamtlichen Volontären sortiert, die im Auffanglager der UNHCR arbeiten. Ein Teil wird in Tüten verteilt, die den Flüchtlingen mitgegeben wurden und andere Hilfsgüter wurden zur Erstversorgung im Zelt bereitgestellt. Das Meiste kam aber erst einmal ins Lager, denn heute waren an der Grenze nur sehr wenige Flüchtlinge angekommen

Eine einheimische Volontärin sortiert die Hilfsgüter
Im Zelt des Auffanglagers bekommen die Flüchtlinge einen Imbiss sowie warme Mahlzeiten - alles durch Spenden!

Während ich da war, kamen recht wenige Flüchtlinge an, sodass es sehr ruhig war. Es war eine gute Gelegenheit, die Arbeit dort sowie einige einheimische und ausländische Volontäre sowie Mitarbeiter des UNHRCs kennenzulernen.

Es war recht wenig los, nur vereinzelt kamen Flüchtlinge, die dieses Mal von Bussen der Volontäre ins Lager gebracht wurden. Privatpersonen sowie auch ich haben dieses Mal keine Flüchtlinge mitgenommen. Die Frauen aus der Ukraine werden sehr vor „falschen Helfern“ gewarnt, weshalb es als Mann für mich nicht möglich war, eine Mitfahrgelegenheit anzubieten.

Interessant zu sehen ist, dass auch einige Ukrainer wieder zurück reisen.

200 Osterpäckchen haben den Weg durch moldawische Mitarbeiter den Weg über die Grenze nach Odessa gefunden

Wenig los an der Grenze
Osterpäckchen in Odessa

Die ukrainischen Mitarbeiterinnen bedanken sich herzlich bei allen Spendern der Päckchen!

Sonntag, der 01.05.2022: Ruhetag

Baptistenkirche in Dolinnoe

Am Vormittag besuchte ich mit meinen ukrainischen Freunden einen Gottesdienst in der Baptistenkirche in Dolinnoe, einem Dorf von ethnischen Ukrainern, die aber russisch sprechen. 

Das Dorf machte auf mich einen zwiespältigen Eindruck: Zum einen gibt es die, die Putin kaum erwarten können, was auch am Z-Symbol erkennbar ist, das mit Graffiti an der Bushaltestelle gemacht wurde, aber dort leben auch ukrainische Flüchtlinge in einigen davor leerstehenden Häusern.

Viele Moldawier sind nach Westeuropa ausgewandert und ließen ihre Häuser zurück, wo in einigen nun Flüchtlinge leben. Dann traf ich einen Ukrainer, der die Tage seine Familie aus Deutschland wieder in seine Heimat nach Odessa zurückholen will. 

Insgesamt sind aber die Ukrainer, die ich getroffen habe, deutlich optimistischer über den Kriegsverlauf und völlig davon überzeugt, dass die Russen kaum in die Nähe dieser Region kommen.

Am Nachmittag habe ich mit meinen Freunden eine Tour durch jüdische Chisinau gemacht, die ich für künftige Reisen vorbereiten möchte. Wir besuchten den großen jüdischen Friedhof und einige Gedenkstätten, die ich bei meinem Blog von der Reise im Juli 2021 beschrieben habe.

Vasiliy und Natascha Bragar vor der Gedenkstätte ds ehemaligen jüdischen Ghettos

Montag, den 02.05.2022: Ein nachdenklicher Tag

Nichts los in der Hauptstadt

Parlamentsgebäude

Ich wollte heute die Zeit nutzen, noch einige Dinge für zu Hause zu kaufen und wunderte mich über die nahezu leere Stadt am späten Montag Vormittag! 

Die Hauptstadt war wie ausgestorben! Die allermeisten Geschäfte waren geschlossen, selbst jene, die vorgaben „24/7“ offen zu sein, 

Der ein oder andere Mensch war zu sehen, und auch das ein oder andere Geschäft war offen, aber es war kein Vergleich zu dem Leben der Stadt an anderen Tagen.

Radonica: Ein unbekannter Feiertag

Orthodoxe Kirche in Budesti

Nachdem ich mehrere gefragt habe, habe ich erfahren, dass es sich um einen Gedenktag für die Verstorbenen handelt: Radonica

An diesem Tag sind viele Menschen auf dem Friedhof, um ihrer Toten zu gedenken

Osterpäckchen erreichen Transnistrien!

Am Freitag wurden dem Pastor der Filadelfia Kirche 90 Osterpäckchen übergeben, die in von den Einheimischen in einigen Dörfern um Dorotcaia und auch Transnistrien verteilt wurden.

Mögen irgendwelche Truppen irgendwo hin unterwegs sein und es Gerüchte hin und her geben, die Angst machen können: Gott ist immer noch größer, und er hat das letzte Wort!

Die Päckchen haben den Kindern große Freude gemacht, und auch sie bedanken sich bei allen Spendern!

(Bilder: Nicolae Dodu – ich selbst war bei der Verteilung nicht dabei)

Dienstag, den 03.05.2022: Letzter Einsatz in Gagausien

Mit 60 Osterpäckchen nach Cazaclia gefahren

An meinem letzten Tag meiner zweiten Reise bin ich mit 60 Päckchen nach Cazaclia zu einem Kinderheim gefahren, wo Kinder tagsüber betreut werden, die in schwierigen Familien leben. In diesem Haus lebten auch die ukrainischen Flüchtlinge, die vor einem Monat nach Groß-Umstadt gekommen sind.

Neben den Päckchen nahm ich die handgenähten Kinderdecken mit, die noch da waren. Die Anzahl der Päckchen hat ganz genau gepasst – sowohl im Auto als auch die Anzahl der Kinder vor Ort.

Auf dem Bild ist von links das Ehepaar Ivan und Snejana Djulger, Kolea Kochev aus Groß-Umstadt, Dr. Sveta Shestopalova, Juri Grosin und ich.

Gruppenfoto des Teams
Lammfleisch, eine gagausische Spezialität

Vorher haben wir uns noch mit Lammfleisch gestärkt, das Kolea für uns zubereitet hat! 

Nachdem Juri und ich nacheinander die Ostergeschichte erzählt hatten, sowie ich die Gelegenheit ergriffen habe, meine persönliche „Ostergeschichte“ zu erzählen, wurden die Päckchen verteilt.

Ich war sehr beeindruckt von der Geduld und der Disziplin der Kinder, die erst einmal lange uns zugehört haben und dann auch das Päckchen nicht sofort ausgepackt haben, 

Es ist immer wieder schön, die Freude bei den Kindern zu sehen!

Abschied nehmen!

Nun heißt es wieder aus Moldawien Abschied zu nehmen! In weniger als in sechs Stunden werde ich den Heimflug antreten und bin dankbar und bewegt von den beiden Reisen im Frühjahr – im Schatten des Krieges, aber auch erfüllt, dass ich ein klein wenig Hoffnung und Freude vermitteln durfte,

Mein Resümee habe ich bewusst an den Anfang des Blogs gesetzt, damit man nicht ganz ans Ende des doch recht lang gewordenen Blogs scrollen muss.

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