Covid in Moldawien: Teil 2

Das Osterwunder von Chisinau

Gästehaus von Hoffnungsträger Ost in Moldawien, das mir 11 Tage als Quarantäne-Haus diente, in dem ich das alles erlebt habe

Fortsetzung von: Algoritmul de triaj: Erlebnisse mit Covid in Moldawien

(Diesen Abschnitt habe ich an Ostern, den 4.4.2021 geschrieben)

Ich bewegte mich in Moldawien hin zu einem mittelschweren bis schweren Verlauf der Covid-Erkrankung. Zu dem Coronavirus hat sich noch ein Bakterium gesellt, das den Virus tatkräftig unterstützt hat, meine Lunge zu zerstören. Am 18.3. etwa ging ich vom Erdgeschoss in den ersten Stock, da ich mir einen Tee gemacht habe. Ich fühlte mich, als hätte ich das Matterhorn bestiegen, und musste mich erst einmal hinlegen und war völlig aus der Puste. Mit allerletzter Kraft ging ich wieder ins Erdgeschoss und suchte einen Block zum Schreiben. Diesen trug ich dann ebenfalls mit letzter Kraft in den ersten Stock und legte den auf den Tisch. Ich hatte vor, dass ich darauf mein Testament schreibe. Aber erst einmal musste ich mich von der strapaziösen „Wanderung“ vom Erdgeschoss in den ersten Stock erholen.

Ich legte mich hin, und mein bisheriges Leben zog vorüber. Ich fühlte mich wie in einem großen beleuchteten Saal, bei dem man anfing, nach und nach die Lichter auszumachen. Ich hätte es wissen müssen, in Moldawien war nicht genug Kapazität, die eigenen Leute zu behandeln, ich war nicht versichert und Deutschland war für mich zugenagelt. Meines Wissens waren die Grenzen rund um Moldawien zu, und ich weiß nicht, ob ich die Strapazen einer stundenlangen Autofahrt aushalten konnte. Ich wollte nicht auf den Rücken der armen Moldawier leben, also lieber mit ihnen sterben.

Doch dann kam die Wende! Am 16.3. als ich nicht mitfliegen konnte, buchte ich den Flug für Palmsonntag, den 28.3. – ein Freund meinte, dass das sehr ambitioniert sei. Ich lachte da noch drüber und dachte, dass selbstverständlich ich dann wieder fit sein werde und Covid auf dem Sofa auskurieren werde, aber dann ging es mir Tag für Tag schlechter! Doch, nachdem der Block oben auf dem Tisch war und auf mich wartete, dass ich mein Testament darauf schreibe, kam die Wende! Meine Freunde organisierten am Freitag, den 19.3. noch kurz vor Mitternacht eine Untersuchung im MRT in einem Krankenhaus am Rande der Hauptstadt Chisinau von einem Arzt, den jemand kannte, der jemanden kannte.

Den weiteren Verlauf habe ich im letzten Artikel beschrieben – die Hingabe, mit der meine moldawischen Freunde mein Leben gerettet haben, ist beispiellos! Aber mir ging es Tag für Tag besser, und der Block erfüllte einen anderen Zweck, mein Testament schrieb ich dort nicht mehr. Es nahte der Palmsonntag, der geplante Rückflugtermin, und am Freitag, den 26.3., eine Woche später war der rückreise-entscheidende Covid-Test. Mir ging es Mitte der Woche zwar besser, aber lange nicht gut und fragte die Ärztin nach einem Schnelltest. Als ich von ihr erfuhr, dass er 100€ kostet, sah ich davon ab. Also setzte ich 140€ für das „Spiel“ am 26.3. ein, d.h. 40€ für den Test und 100€ für Strafgebühren an Air Moldova, um den Flug erneut zu verschieben im Falle eines positiven Testergebnisses.

Am 26.3. war der Test, und mein Herz schlug an dem Tag bis zum Anschlag! Ich hatte Angst, mir das Ergebnis anzuschauen, denn nach meinem Befinden rechnete ich mit einem positiven Ergebnis, denn ich hatte noch Symptome. Aber der Test war negativ, und ich konnte an Palmsonntag nach Hause fliegen, was ich dann auch tat. Aber ich traute dem Testergebnis nicht und wollte zu Hause erst einmal einen Arzt sehen. Aber ich durfte nicht zum Arzt, da ich in Quarantäne war! Das Gesundheitsamt hat es mir verboten! Das sind die Regeln, und dafür gibt es keine Ausnahmen!

Ich telefonierte deshalb mit meiner Hausärztin: Ich erzählte ihr meine Geschichte, und sie bekam einen Schrecken und wies mich auf die Covid-Station in Groß-Umstadt am Gründonnerstag, den 1.4. ein. Ich rechnete also mit Ostern im Krankenhaus. In der Klinik wurde meine Lunge geröntgt, ein PCR-Test gemacht, der gar nichts kostete und Blut abgenommen. Dort hatte ich zwei russisch sprechende Ärztinnen, von denen ich eine persönlich kannte, mit der ich bereits in Chisinau Kontakt aufgenommen hatte, in der Zeit bereits mit meiner moldawischen Ärztin sprach und somit bestens im Bild über meinem Zustand war.

Es hat sich herausgestellt, dass ich tatsächlich Covid negativ war, virenfrei und geheilt. Mir geht es wieder gut, habe lediglich keine richtige Stimme derzeit. Nach Aussage der Ärzte war es bei meinem Verlauf schlicht unmöglich, dass der Test bereits am 26.3. negativ war, aber er war es, bestätigt am 1.4. in Groß-Umstadt – auch das ist eigentlich viel zu früh. Ja, es gibt noch Wunder, und das war eines! Es geschah nicht spektakulär, sondern durch Menschen, die alles hingaben, dass ich weiterleben kann. Moldawien hat mir mein Leben wiedergegeben, deshalb gebe ich es ihnen wieder zurück.

Noch nie habe ich Karfreitag und Ostern so intensiv erlebt wie dieses Jahr 2021! Ich bin immer noch schwer ergriffen von dem Einsatz meiner moldawischen Freunde, insbesondere der Ärztin, die in ihrer Freizeit mein Leben gerettet hat. Ich habe alle medizinischen Unterlagen zu Hause, am 19.3. wurde mir eine schwere Lungenentzündung diagnostiziert, ich habe die MRT Bilder und bin jetzt gesund!

Nachtrag Ende Mai 2021: Post Covid blieb aus!

Anfang April fühlte ich noch, dass sich Konzentrations- und Schlafprobleme einstellen werden. Um den Konzentrationsproblemen zu begegnen, habe ich diese Seite (Initiative 22.Juni) erstellt. Ich ging danach zum Lungenfacharzt, legte ihm die Untersuchungsergebnisse aus Moldawien vor sowie die Röntgenbilder vom Gründonnerstag, den 1.4., und er machte seine eigenen Untersuchungen. Als er alles zusammenlegte, meinte er, dass das medizinisch alles eigentlich nicht sein kann, dass ich so rasant wieder genesen bin, auch wenn ich da noch immer noch nicht fit war.

Seine Prognose der vollständigen Genesung, die ich auch von Gott aus der Bibel aus Psalm 103 entnommen habe, hat sich erfüllt. Es blieben keine Symptome mehr übrig, ich schlafe jetzt sogar besser als vor Covid.

Ich kann mir das genauso wenig erklären wie die Ärzte, bin aber sehr dankbar. Der März 2021 war aber eine der prägendsten Zäsuren in meinem bisherigen Leben. In diesem Monat hätte mein Todestag liegen können, denn ich erfuhr, dass „plötzlich und unerwartet“ eben plötzlich und unerwartet kommt.

Das Dokument des positiven PCR-Tests, von dem ich dachte, dass es der Anfang meines Endes ist, und das ich aus Frust schon vernichten wollte, dient mir nun als „Eintrittskarte“ in Cafés und Restaurants und erinnert mich an dieses Osterwunder. Ich plane im Sommer – eben 80 Jahre nach der Invasion der Wehrmacht – eine Reise in den Osten und auch nach Moldawien, um Frieden und Versöhnung zu vermitteln, aber auch die Übergabe der Hilfsgüter mitzuerleben und zu dokumentieren.

"Eintrittskarte" zum Eiscafé

Dank großzügiger Spenden insbesondere aus meiner Heimatstadt Groß-Umstadt sind bald 40 Bananenkisten mit sehr gut erhaltener Kleidung zusammengekommen sowie Rollstühle und Rollatoren, die nun darauf warten, nach Moldawien gebracht zu werden. Ich freue mich, diese Gaben im kommenden Juli in Moldawien in Empfang nehmen und dort an Bedürftige, insbesondere Überlebenden des Holocausts weitergeben zu können

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Initiative 22.Juni

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

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