Durch des Septembers heiteren Blick ...
... schaut noch einmal der März zurück
Resümee am 17. September 2021:
Folgen meiner Covid-Erkrankung
Die Bauernregel spricht vom Mai und nicht vom März, aber es geht mir nicht ums Wetter. Aber nach einem halben Jahr kann ich dankbar zurückschauen und feststellen: Aus medizinischem Gesichtspunkt leide ich unter keinen Post-Covid-Folgen. Alle Symptome sind seit spätestens Mitte April verschwunden und kamen auch nicht wieder zurück. Ich kann jetzt wieder meinem Beruf nachgehen, die Konzentrationsprobleme sind verschwunden.
Das Psalmwort auf dem Foto hat sich für mich erfüllt! Sogar der Bluthochdruck, der im Zusammenhang mit den ärztlichen Untersuchungen entdeckt wurde, hat sich bis jetzt stark reduziert und normalisiert. Nach einem halben Jahr ein Anlass, dankbar, aber auch nachdenklich auf die Zeit im März zurückzuschauen.
Und dennoch, es gibt es: Post Covid, aber anders! Der März 2021 war tatsächlich eine Zäsur in meinem Leben, die so manches auf den Kopf gestellt und neu ausgerichtet hat.
Plötzlich und unerwartet ...
… kam für mich absolut plötzlich und unerwartet! Am 18. März lief ich in dem Gästehaus vom Erdgeschoss in den ersten Stock und war danach dermaßen aus der Puste, dass ich das Gefühl hatte, einen hohen Berg bestiegen zu haben! Ich musste mich erst einmal hinlegen.
Dann wurde mir bewusst, dass innerhalb weniger Tage mein Zustand sich so verschlechtert hatte, dass ich dem Ende ins Angesicht sah. Ich nahm mir vor, einen Schreibblock zu holen und darauf meinen letzten Willen zu schreiben, solange ich das noch kann.
Da der Block im Erdgeschoss war, machte ich erneut eine „Bergtour“, war aber danach so fertig, dass ich mich hingelegt hatte. Ich konnte nur noch flach atmen und nicht mehr länger am Stück reden, konnte also kaum noch telefonieren.
Leichtsinn und Übermut hatte seinen Preis
Meine moldawischen Freunde redeten mir zu, mich an die Deutsche Botschaft in Chisinau zu wenden. Das habe ich dann auch gemacht, um mich zu informieren, wie ich wieder nach Hause komme.
Mein Rückflug war am 16.3.2021 geplant, doch ich kam nur mit einem negativen PCR-Test an Bord, doch er war positiv! So musste ich in Moldawien bleiben – wo die Krankenhäuser überlastet waren und nicht alle Kranken aufnehmen konnten. An Anfang war es noch ok und meinte, Covid auf dem Sofa auskurieren zu können.
Als ich in am Nachmittag der Botschaft angerufen habe, wurde ich in Wort und Ton belehrt, was ich denn in Moldawien zu suchen habe! Ich hätte es doch wissen müssen … Ich dankte dem Mitarbeiter für die Belehrung und wünschte ihm eine gute Nacht!
Ich ärgerte mich über die Botschaft, reagierte wie ein bockiges Kind, dem man zuvor die Konsequenzen seines Handelns klar gemacht hat, aber dann sich doch entschied, es so zu machen und dann bockig wird, wenn es die Konsequenzen tragen muss.
Moldawien war ein Hoch-Risikogebiet und vor Reisen wurde explizit gewarnt. Die deutsche Regierung hatte klar und deutlich gesagt, dass sie keine Leute mehr zurückholt, wenn sie aus eigenem Antrieb reisen. Ich machte mir keinen Kopf und hatte mich auch nicht um eine Krankenversicherung gekümmert!
Deshalb musste ich dann auch die Konsequenzen tragen und kann dafür niemandem die Schuld geben außer mir selbst. Wenn ich schon nach Moldawien reiste, hätte ich mich um einen Versicherungsschutz bemühen sollen, der auch einen Rücktransport absichert. Nun habe ich eine entsprechende Versicherung – aus Schaden wurde ich hoffentlich ein wenig klüger.
Ich habe den Glauben an den "guten Fritz" verloren
Ich war als Kind immer der „gute Fritz“, alle fanden mich brav! Im Laufe des Lebens habe ich das mehr und mehr geglaubt und dachte, wie froh kann Gott doch sein, so jemanden wie mich in seinen Reihen zu haben.
Nun stand ich da mit der Frage, warum bin ich da? Was nun wenn ich jetzt sterbe an diesem Ort? Mein Arbeitskollege meinte danach, dass ich doch sehr naiv gewesen bin, und er hatte recht! Ich war zuvor 50 Jahre nie ernsthaft an einer Infektion erkrankt, und habe mich deshalb um eine Absicherung im Krankheitsfall nicht wirklich gekümmert! Was habe ich zu erwarten?
Mir wurde in diesen Stunden bewusst, wo ich im Leben versagt habe. Mein Leben zog in diesen Stunden vorüber, alle Eitelkeiten und vor allem auch verborgene Dinge. Ich merkte, wie sehr ich noch am Geld hing, aber vielmehr auch, wo ich Menschen vor dem Kopf gestoßen habe und nur in meinen eigenen Augen gut und gerecht war.
Ich wusste auch schon vor März, dass in mir selbst nichts Gutes wohnt, aber es wurde mir noch einmal plastisch und bewusst. Wo ich meinte, Dinge klarstellen und ansprechen zu müssen, habe ich nur meinen eigene selbstgerechte Arroganz zur Schau gestellt. Der „Kampf um die Wahrheit“ war letztendlich oft nur ein Kampf ums eigene Recht haben und gut dazustehen.
Schließlich kam ich an dem Punkt, dass ich überzeugt war, dass nach alle dem, was ich anderen Menschen angetan habe, es richtig gewesen wäre, jetzt abberufen zu werden.
Doch Gott wollte, dass ich weiterlebe
Paulus schreibt an dem Brief an die Philipper: „Denn unser Bürgerrecht ist in den Himmeln von woher wir auch Christus als unseren Retter erwarten“ (Phil.3,20)
Jesus selbst sagte auf Erden zu Pilatus, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Für Deutschland war ich tot, und irgendwie wäre das auch richtig so. Doch in diesem Moment wurde mir noch einmal deutlich bewusst, dass ich alleine aus Gottes Gnade lebe.
Gott entschied sich, dass ich weiterleben soll und spürte, dass der Hebel plötzlich umgelegt wurde. Dies geschah nun nicht in der Weise, dass ich von einer auf die anderen Sekunde herumgesprungen bin wie ein junger Hirsch, sondern Menschen sich zeigten, die sich für mein Leben engagierten:
In Moldawien war es die Ärztin, die in ihrer Freizeit mein Leben gerettet hatte. Es war die Organisation: Hoffnungsträger Ost, die für die Mitarbeiter vor Ort finanziell den Rücken freigehalten haben. Es waren meine Verwandten und auch mein Arbeitgeber: GIP mbH, die bereit waren, finanziell auf Kreditbasis für meinen Rücktransport aufzukommen.
Das sind alles Dinge, die keineswegs selbstverständlich sind – und wo Gott mir deutlich machte, dass ich einzig und alleine aus seiner Gnade lebe und ich das alles nicht verdient habe!
Es war letztendlich mein damals zweieinhalb Jahre alter Enkel, der mich ins Leben zurückgerufen hatte! Als ich ihn vor meiner Reise sah, hat er nur ein paar Worte gesprochen, aber kaum Sätze. Meine Tochter machte genau an dem Zeitpunkt, wo ich mein Leben aufgegeben hatte, einen Videoanruf, bei dem mein Enkel in einem ganzen Satz sagte, dass er mich besuchen möchte. Nun konnte ich ihm schwer erklären, dass ich weit weg bin und wahrscheinlich nicht mehr zurückkomme, was mir dann die Motivation gab, Gott zu bitten, ob ich weiterleben kann.
Ich erlebte Ostern nie so intensiv wie 2021 direkt nachdem ich wieder nach Hause gekommen bin. Der Genesungsverlauf konnte medizinisch nicht erklärt werden, es war für mich die Erfüllung des eingangs zitierten Psalmworts.
Für die allermeisten Menschen bedeutet Glaube und Religion das Festhalten an irgend einer Vorstellung von Gott bzw. Göttern oder einer unbestimmbaren höheren Macht, die mir ein Regelwerk in die Hand gibt, was ich tun darf oder nicht bzw. was ich tun muss. Und wenn ich mich am Ende des Lebens ordentlich genug angestellt habe, dann komme ich vielleicht in den Himmel. Aber das ist nicht das, was ich erlebt habe! Wohl sagt Gott deutlich in den Schriften, wer er ist und was er von den Menschen erwartet, aber es ist unmöglich, sich an seine Maßstäbe zu halten. Also sandte Gott einen Erlöser: Jesus Christus, der am Kreuz für meine Sünden starb und am dritten Tag auferstanden ist.
Und nun nach einem halben Jahr ...
Ich hatte im März viel Zeit im Gästehaus und hörte die Vorträge von den Bibeltagen, die Dr. Dr. Benjamin Lange aus Darmstadt und Jürgen Fischer aus Berlin in meiner Gemeinde zuvor gehalten hatte. Aber schon Anfang des Jahres plante ich eine Woche im September mit genau diesen beiden Rednern im Christlichen Gästehaus in Rehe im Westerwald.
So blickte ein Stück weit durch des Septembers heiteren Blick noch einmal der März zurück!
Wie viel Zeit noch vor mir liegt, kann keiner sagen, aber ich betrachte alle Tage als ein Geschenk und fürchte nicht das Ende, wenn es dann einmal kommt. Es gibt Menschen, die unter viel schlimmeren Umständen leben, aber diese Hoffnung des ewigen Lebens, die Gott gibt, lassen alle Probleme und Schwierigkeiten dieser Zeit so blass und klein erscheinen.